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Re: Unix: Fuer und wider



Hallo, Unix-Interessierte,

ich arbeite nun auch schon seit vielen Jahren an Unix-Rechnern, die ich
ueber eine geeignete Terminal-Emulation vom PC aus anspreche. Unix ist -
aehnlich wie DOS - ein textbasiertes Betriebssystem, kommt also unseren
Anforderungen sehr entgegen. So sollten z.B. Braillezeilen mit
Hardwareanbindung problemlos an Linux-Maschinen betrieben werden koennen.
Leider sind aber die meisten Braillzeilenhersteller inzwischen ganz zur
Softwareanbindung uebergegangen, haben es jedoch noch kaum geschafft,
Linux-Treiber zu entwickeln. Deshalb stehen wir vor der einigermassen
kuriosen Situation, dass es ein leistungsfaehiges PC-Betriebssystem gibt
(naemlich Linux), das sogar frei erhaeltlich ist und sich absolut
blindenfreundlich praesentiert, das wir aber nur sehr bedingt nutzen
koennen, weil die Hilfsmittelhersteller dafuer anscheinend keine
Notwendigkeit (oder keinen Markt) sehen. Stattdessen quaelen wir uns mit
Windows-"Loesungen" herum und sind schon uebergluecklich, wenn wir damit
Briefe schreiben oder Mailen koennen.

Das Problem ist allerdings auch, dass viele von uns gewissermassen
diktiert bekommen, was fuer ein Betriebssystem sie zu nutzen haben. Ich
erinnere mich noch gut daran, als vor vielleicht zehn Jahren an unserem
Rechenzentrum bewusst keine deutschen Tastaturen beschafft wurden, weil ja
akademisch gebildete Leute ihre Texte nicht mit Word, sondern mit LaTeX
schreiben, also keine Umlaute, aber dafuer sehr viele Backslashes
brauchen. Inzwischen haben sich die Meinungen um 180 Grad gedreht: Unix
ist out, Microsoft-Tools werden den modernen Anforderungen (insbesondere
in der Buerokommunikation) weitaus besser gerecht, und auch in den
Betrieben, wo die Studenten kuenftig arbeiten werden, findet man doch nur
noch Windows-Arbeitsplaetze. Aehnliches werden sicher etliche von uns auch
erlebt haben: "Wir stellen um auf Windows, weil das alle tun, und die
Blinden muessen halt _sehen_, wie sie sich damit arrangieren".

Wie Wulf schon geschrieben hat, gibt es auch grafische Oberflaechen unter
Unix. Prinzipiell koennen also die Sehenden mit ihrer beliebten Maus auch
unter Unix arbeiten. Aber wenn sie's halt einfach nicht tun?

Und dann muss man eine weitere Frage stellen: Gibt es fuer uns auch eine
Moeglichkeit, z.B. unter einer X11-Oberflaeche zu arbeiten? Das waere
erforderlich fuer Programme, die zwar mit Texten umgehen, sich aber
trotzdem im Textmodus nicht betreiben lassen. Ich habe so das dumme
Gefuehl, dass auf diesem Gebiet noch sehr wenig vorhanden ist, wo doch
schon die Treiber fuer den Textmodus fehlen.

Fazit: Unix/Linux koennte uns das Leben ganz wesentlich erleichtern, wenn
es sich erstens staerker gegen Mr. Gates durchsetzen wuerde, und wenn sich
zweitens unsere Hilfsmittelhersteller mehr dafuer engagieren wuerden.
Zumindest fuer Letzteres koennten wir uns ja stark machen.

Viele Gruesse,
Eberhard