Erfahrungen von einer Reise mit der MS Vesterålen im Sommer 2017

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Vorbereitungen

Meine Frau und ich haben in der Zeit vom 17. bis zum 28. Juli 2017 eine Schiffsreise mit der MS Vesterålen der norwegischen Reederei Hurtigruten AS von Bergen nach Kirkenes und zurück unternommen. Hier folgen einige Erfahrungen von dieser Reise, kein Reisebericht oder Tagebuch.

Die Hurtigrute wurde im Jahr 1893 eingerichtet, als regelmäßige Verbindung zwischen den Orten an der norwegischen Küste zum Transport von Personen, Fracht und Post. Das ist auch heute noch die Aufgabe der Hurtigrute. Der Turismus spielte zwar von Anfang an eine Rolle, war aber nie die einzige Aufgabe. Die Schiffe der Hurtigrute laufen nach Fahrplan viele Häfen an der norwegischen Küste an und fahren meist zwischen den zahlreichen Inseln hindurch. Das trägt zum Reiz dieser Linie bei; man sieht fast ständig Land. Die Aufenthaltsdauer in den Häfen geht von einer Viertelstunde bis zu mehreren Stunden. Die Häfen, die man auf der nordgehenden Route nachts verschläft, werden auf der südgehenden Route tagsüber angelaufen. Es ist durchaus sinnvoll, die volle Rundreise zu buchen, wie wir es gemacht haben. Eine Karte von Norwegen mit eingezeichneter Route (Reisekarte) gibt es im Shop an Bord. Eine Hilfe war uns das DuMont Reisetaschenbuch Hurtigruten, 216 Seiten, mit Landkarten, daheim gekauft.

Foto MS Vesterålen Foto

Wir kannten Nordeuropa von mehreren Urlauben mit Auto oder Motorrad seit dem Jahr 1966. Die vorliegende Reise war unsere erste mit einem Schiff. Wir haben die Reise (Bus, Bahn, Flugzeug, Schiff) selbst organisiert. Möglicherweise wären wir besser gefahren, wenn wir die Organisation der gesamten Reise dem Hurtigruten-Büro überlassen hätten. Mit dem Reisetermin waren wir flexibel. Wir wollten auf ein kleines Schiff. So kamen wir in der zweiten Julihälfte auf die MS Vesterålen. Die MS Vesterålen ist das zweitälteste und zweitkleinste Schiff der Hurtigrute, 109 m lang, Baujahr 1983, mehrmals modernisiert. Zu der Jahreszeit sind im hohen Norden die Nächte hell. Das Polarlicht (Aurora borealis) ist nur in der dunklen Jahreszeit zu sehen.

An das Einwechseln von norwegischen Kronen denken. Auf dem Schiff braucht man zwar kein Bargeld, weil alle Ausgaben über die Bordkarte (Cruise Card) und letztlich über eine Kreditkarte abgerechnet werden können, aber an Land braucht man etwas Bargeld. Beim Einchecken erhält man eine kleine Plastikkarte, die Bordkarte, mit der man nach Aktivierung in der Rezeption auf dem Schiff alle Ausgaben an Bord bezahlen kann. Man zeigt die Bordkarte bei vielen Gelegenheiten, nur an Land hilft sie nicht weiter.

Ferner frühzeitig die Gültigkeit von Personalausweis (ID-Karte) oder Reisepass prüfen. Auslandskrankenversicherung sowie Reiserücktritts- und -abbruchversicherung abschließen. Insbesondere Alleinreisende sollten eine Notiz mitführen, wer bei einem medizinischen oder sonstigen Notfall zu benachrichtigen ist.

An- und Abreise

Unser Schiff fuhr an einem Montagabend aus Bergen ab. Um einen Puffer für Eventualitäten zu haben und weil wir uns in Bergen wieder einmal umsehen wollten, reisten wir bereits freitags an. Regionalbus, Stadtbahn, Deutsche Bahn bis Frankfurt-Fernbahnhof, ein längerer Marsch durch den Frankfurter Flughafen, ein Flug mit der Lufthansa nach Oslo, dort Umsteigen in eine kleinere Maschine der SAS, in Bergen mit dem Flybuss vom Flughafen ins Zentrum (Festplatz) und schließlich eine Viertelstunde zu Fuß ins Hotel. In Oslo mussten wir selbst unsere Koffer duch den Zoll bringen (Norwegen ist nicht in der EU), auf dem Rückflug wurden sie ohne unser Zutun von der SAS in die Lufthansa umgeladen. Mitreisende auf dem Schiff stiegen in Kopenhagen oder Amsterdam um. Von Zürich soll es eine Direktverbindung nach Bergen geben.

Wir hatten für die Hinreise drei Nächte im Scandic Hotel Bergen City per Internet gebucht. Das Hotel ist weder das billigste noch das teuerste. Es liegt günstig zum Festplatz (Haltestelle Flybuss), zur Innenstadt (Markt, Bryggen, Talstation Fløybanen) und zum Hurtigrutenkai. Das Zimmer war gut, das Frühstück ebenfalls. Nach der ersten Nacht haben wir eine Nacht für die Rückreise gebucht.

Foto Flughafen Bergen Foto

Die Rückreise verlief über dieselben Stationen wie die Hinreise, mit nur einer Nacht in Bergen. Unser Schiff kam am frühen Nachmittag in Bergen an; am Tag darauf um Mitternacht waren wir daheim. Unseren ursprünglichen Plan, von Bergen nach Oslo mit der Bahn zu fahren, hatten wir aufgegeben. Er hätte die Reise verkompliziert.

Gepäck, Kleidung

Wir hatten jeder einen Hartschalen-Koffer von rund 60 Liter Rauminhalt mit vier Rollen (Spinner-Trolley) sowie eine nicht zu große lederne Umhängetasche (als Handgepäck im Flugzeug) dabei, meine Frau dazu noch ein Ledertäschchen für Dinge, die ein Mann in seinen Sakko- und Hosentaschen unterbringt. Das hat gereicht. Die Koffer passten in der Kabine unter den Tisch. Wenn man sieht, wie auf den Flughäfen die Koffer umhergeworfen werden, denkt man über ein oder zwei kräftige Riemen um den Koffer nach. Außentaschen am Koffer sind überflüssig bis hinderlich. Bewährt hat sich eine Markierung unserer Koffer mit einem farbigen Klebeband am Griff. So brauchten wir nicht lange zu rätseln, welcher Koffer uns gehörte. Ein Adressanhänger ist selbstverständlich, ebenso Kopien der Reisedokumente im Koffer.

Als Kleidung reichen Turnschuhe, Jeans (ohne Löcher), ein kariertes Hemd, ein leichter Pullover, gern mit Rollkragen, sowie ein Anorak mit Kapuze. Ich hatte statt eines Anoraks einen Trenchcoat dabei. Es ist mehr der Wind als die Kälte, gegen den man sich schützen will. Wir hatten lange Unterhosen im Koffer und haben sie nördlich des Polarkreises getragen. Es darf auch ein wenig eleganter sein, ein Herr mit Sakko und Krawatte oder Schleife passt ebenfalls ins Bordleben. Je nach Wetter holt man sich schnell einen Sonnenbrand, auch daran ist zu denken. Bei einigen Ausflügen sind leichte Bergstiefel sinnvoll. Kamera mit ausreichend Speicher, leichtes Fernglas (8x21).

Bettwäsche, Handtücher sowie bei Ausflügen etwa erforderliche persönliche Schutzausrüstung (Rettungswesten) werden gestellt.

An Bord

Die MS Vesterålen verfügt über 141 Kabinen mit 294 Betten. Es muss keine Außenkabine sein. Man hält sich in der Regel nur zum Schlafen, Waschen und Ankleiden in seiner Kabine auf, ansonsten in einer der drei Lounges oder auf Deck. Zu allen Kabinen gehört ein eigenes Bad mit Toilette, Waschbecken, Fön und Dusche. Wir bewohnten eine Kabine auf dem E-Deck steuerbordseitig im Achterschiff. Das Fenster ließ sich nicht öffnen, die Kabine wurde zentral belüftet. Leichte Vibrationen von den Schrauben waren zu spüren, störten jedoch nicht.

Foto Außenkabine E-Deck, Bad Foto

Das unterste Deck ist das A-Deck mit Innenkabinen, das oberste das G-Deck mit der Panorama-Lounge. Vorn im Schiff befindet sich die Trollfjord-Lounge; ihr Gegenstück im Heck ist die Vesterålstue mit einem Tanzparkett und einem Bücherschrank sowie Fernsehern, die meist ausgeschaltet waren, sodass man ungestört lesen oder plaudern konnte. Ganz oben mittschiffs lädt die Panorama-Lounge mit großen Fenstern zum Verweilen ein. Auf dem Achterdeck stehen Liegestühle, die Verglasung eines Teils des Decks bietet Schutz vor Wind und Regen. Dazu kommen Aufenthaltsmöglichkeiten in der Cafeteria. Insgesamt reichten die Plätze auch bei unfreundlichem Wetter aus. Die Räume sind über Treppen oder einen Fahrstuhl zu erreichen.

Foto Lounges Foto

Der Speisesaal befindet sich vorn auf dem D-Deck; er ist außerhalb der Essenszeiten nicht zugänglich. Vor dem Speisesaal liegen Kopien des jeweiligen Tagesprogramms ab dem Vorabend aus, oft auch Stadtpläne der Hafenstädte. Die Zeiten für die Mahlzeiten schwanken etwas je nach Programm (Häfen, Ausflüge).

Im Shop neben der Cafeteria sind außer Souvenirs aller Art auch Batterien in gängigen Größen und Briefmarken erhältlich. Ein täglich geleert werdender Postbriefkasten hängt gegenüber der Rezeption.

An Bord wird sehr auf Hygiene geachtet. Vor jeder Mahlzeit und nach jedem Landgang sind die Hände mit einem Schaum zu desinfizieren. Ich weiß nicht, wie wirksam der Schaum ist. Die Maßnahme erscheint im ersten Moment vielleicht übertrieben, aber wenn man im Internet nach Infektionen auf Kreuzfahrtschiffen sucht, erkennt man bald, wie wichtig und begründet solche Vorsichtsmaßnahmen sind.

Die Ladeklappe und der Ein- und Ausgang für Fahrgäste befinden sich auf der Backbordseite. Das Schiff legt daher immer auf Backbord an. Im Geirangerfjord holt ein Motorboot die Ausflügler ab.

Foto Achterdeck (F-Deck) Foto

Die Lautsprecherdurchsagen erfolgen auf Norwegisch, Englisch und Deutsch. Mit Englisch und Deutsch kommt man durch; kann man Danke auf Norwegisch sagen, strahlt das Personal. Bei den Mitreisenden sind viele Sprachen vertreten. Ich habe außer Deutsch auch Basic und Native English, Französisch, Dänisch, Niederländisch, Italienisch und Spanisch gehört. Eine fernöstliche Sprache ebenso.

In der achterlichen Lounge, der Vesterålstue, steht ein kleiner Bücherschrank, der als Bibliothek bezeichnet wird. Die Auswahl an deutschen Büchern ist begrenzt, ein Grund, eigene Lektüre mitzubringen und dort zu lassen. Nach dem ersten Abendessen fand in der Vesterålstue eine Informationsveranstaltung zum Bordleben statt.

Essen und Trinken

Wir hatten Vollpension (Full board) gebucht. Unsere erste Mahlzeit an Bord war das Abendessen in Bergen, unsere letzte das Mittagessen (lunch) in Bergen.

Foto Speisesaal Foto

Beim Frühstück (frukost) und beim Mittagessen (lunch) wählt man sich seinen Sitzplatz im Speisesaal frei und bedient sich vom reichhaltigen Buffet. Beim Abendessen (middag) wird eine feste Sitzordnung (Tischnummer) vorgegeben, das Essen aufgetragen. Das dreigängige Menu ist norwegisch gehalten: viel Fisch oder anderes Meeresgetier, Renfleisch, Lamm, immer lecker und auch für das Auge ein Genuss. Jeden Tag kommt eine neue Speisekarte auf den Tisch, die in vier Sprachen das Gericht des Abends erklärt. Dazu kostenfrei Wasser und gegen Vorzeigen der Bordkarte zwecks späterer Belastung andere Getränke. Alles, was mehr Alkohol enthält als alkoholfreies Bier, ist in Norwegen sehr teuer. Wenn man aus einem Weindorf kommt und gewohnt ist, zu einem guten Essen ein Viertele eines guten Weines zu trinken, schmerzt das.

Foto Abendessen Foto

Die MS Vesterålen wurde bald nach ihrem Stapellauf um den achterlichen Kabinentrakt erweitert. Der Speisesaal blieb und ist daher etwas knapp bemessen. Das Abendessen wird infolgedessen in zwei Schichten eingenommen. Auch werden die Gäste gebeten, ihren Kaffeeplausch nach den Mahlzeiten irgendwo an Bord, nur nicht im Speisesaal, abzuhalten. Das ging problemlos und hat das Essvergnügen keineswegs geschmälert.

Ausflüge

Da wir Norwegen von der Landseite her gut kannten - wir waren schon dreimal am Nordkap - machten wir von dem Angebot an Ausflügen und Veranstaltungen keinen Gebrauch. In den Hafenstädten, in denen die Liegezeit mehrere Stunden betrug, gingen wir an Land und bummelten durch die Zentren und einige Wohngebiete. Die Kais der Hurtigrute liegen meist zentral. Frühzeitig - etwa eine halbe Stunde vor Abfahrt - waren wir wieder an Bord. Die Schiffe fahren nach Plan und warten nicht.

Foto Ausflüge Foto

Fazit

Die Wahl der MS Vesterålen war ein Glücksfall. Bei stürmischem Wetter wäre ein größeres, moderneres Schiff vielleicht angenehmer gewesen, aber auf dieser Reise haben wir alle Pillen gegen Seekrankheit wieder mit heimgebracht. Die Organisation ist perfekt, die Atmosphäre familiär; man lernt Mitreisende und Mitarbeiter kennen, so man will. Wir haben mit vielen Leuten gesprochen. Auf der MS Vesterålen hat man das Gefühl, auf einem Schiff zu leben und nicht in einem Hochhaus. Herzlichen Dank; wir freuen uns auf ein Wiedersehen.

Text und Fotos: Ursula und Wulf Alex, Fotos 2 und 3 Hartmut Regelmann, 2017

Jüngste Änderung: 2017-09-01 Impressum
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