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Nutzung der Zdf-Seiten von Blinden und Sehbehinderten



## Nachricht vom 07.12.97 weitergeleitet
## Ursprung : wrauch_bEi_zdf.de
## Ersteller: h.karahasan_bEi_pinneberg.netsurf.de
 
Sehr geehrter Herr Rauch,
auch ich gehoere zu dem Personenkreis von blinden und sehbehinderten Menschen,
welche Ihr Online-Angebot aufgrund der neu aufgetretenen Probleme wegen der
ueberwiegend grafischen Gestaltung der Startseite nicht mehr nutzen koennen.
 
Herr Hufschlaeger, der Sie ebenfalls angeschrieben hat, und dem Sie
geantwortet haben, hat Ihre Mail in eine Mailingliste weitergeleitet, welche
ich beziehe. So bin ich auf Sie gestossen.
 
In der Mail an Herrn Hufschlaeger bitten Sie um Informationen zu dieser
Problematik. Dieser Bitte moechte ich gerne nachkommen. Daher schreibe ich
Ihnen.
 
Ich sende Ihnen mit den folgenden Mails Informationen darueber, wie Blinde und
Sehbehinderte ueberhaupt mit dem Pc arbeiten und Informationen darueber, wie
WWW-Seiten zu gestalten sind, die als "behindertenfreundlich" gelten.
 
Wenn Sie diese beiden Mails lesen, koennen Sie sich sicher ein besseres Bild
davon machen, wie sich die Probleme uns stellen.
 
Zusammenfassend sei folgendes genannt:
--------------------------------------
Ihre Eingangsseite wurde stark ueberarbeitet. Sie weist viele Frames und
grafische Elemente auf. Da die Soft- und Hardware, welche fuer unseren
Personenkreis zum Einsatz kommt, nur textuell arbeiten kann, koennen wir mit
grafischen Symbolen nichts anfangen. Sie werden uns nicht sichtbar. Als
Beispiel sei eine Landkarte von Deutschland genannt, auf die Sie clicken
sollen (clickable map), um Informationen zu diesem Ort, auf den Sie klicken,
zu erhalten. Diese Form der Informationsdarstellung entzieht sich unseren
Hilfsmitteln. Haette man jedoch eine alphabetische Liste mit den Namen der
Orte, die man ueber diese Karte erreicht, waere es kein Problem, die gewuenschte
Stadt aus der Liste auszuwaehlen.
 
Vielleicht verdeutlicht Ihnen dieses Beispiel die grundsaetzlich
unterschiedliche Herangehensweise von rein textuellen zu grafischen Systemen
bei der Ausgabe von Informationen an den Benutzer.
 
Sie nannten in diesem Zusammenhang bereits einen Browser der gerne eingesetzt
wird (lynx). Lynx ist ein reiner Textbrowser. Er kann grafische Elemente wie
Images nicht darstellen. Auch kann er keine Java-Applets oder sonstigen
aktiven Inhalte wie Activex-Controlls oder Java-Script-Programme ausfuehren.
 
Lynx wurde an der Universitaet Cansas fuer Unix entwickelt. Es sollte auf
reinen Ascii-Terminals sog. (character cell displays) den Zugriff aufs Web
ermoeglichen. Da Lynx lange Zeit nur fuer Unix verfuegbar war, war es bei
Endanwendern unbekannt. Inzwischen sind aber Portierungen fuer Dos, Win95/nt
und Os/2 verfuegbar. Bitte teilen Sie mir unbedingt mit, auf welches
Betriebssystem Sie mal eben schnell zugreifen koennen, um ein Programm zu
testen. Ich sende Ihnen dann die entsprechende Version zu. Das geht sicher
schneller, als wenn Sie sich das Programm aus dem Netz holen. Dazu muessten Sie
sich erst mal 'ne Menge anlesen. Ich nehme an, dass sie am einfachsten auf
einem Win95 oder Nt-Rechner testen koennen. In diesem Fall kann ich ihnen die
Version fuer Win32 als Attach zuschicken. Diese packen Sie mit Pkunzip aus, und
das wars. Das Protokoll Tcp/ip muss installiert sein, und es muss z. B. uebers
Dfue-Netzwerk oder ein Ethernet-Lan eine Verbindung zum Internet moeglich sein.
In diesem Fall starten Sie lediglich lynx.exe und browsen los. Falls Sie auf
derselben Maschine einen Server laufen haben koennen Sie wie mit jedem Browser
auf diesen intern ueber Tcp/ip zugreifen.
 
Lynx ist nicht der einzige Browser, der von unserem Personenkreis eingesetzt
wird. Viele nutzen auch die bekannten Browser Msie und Navigator. Die Probleme
sind mit diesen Browsern jedoch eher noch groesser, weil man mit Ihnen leider
immernoch kaum mit Frames arbeiten kann. Lynx zeigt, wenn es auf ein Frameset
trifft, eine Liste der Frames als Links an, die man dann einzeln aufruft.
Dadurch geht natuerlich der Gesamteindruck verloren. Aber dazu muss man wissen,
dass Frames, wie immer sie auch dargestellt werden, immer der Wahrnehmungsweise
von Blinden entgegenwirken.
 
Wenn Sie eine Seite so gestalten, dass sie mit Lynx gut lesbar ist und alle
Elemente auf ihr erreicht werden koennen, sorgen Sie auch gleichzeitig dafuer,
dass sie mit Msie oder dem Navigator ebenfalls gut zu nutzen ist. Daher testen
viele Web-Designer ihre Seiten mit Lynx, weil man dadurch einen kleinsten
gemeinsamen Nenner naemlich html3.2 hat. Wie Wichtig dieser gemeinsame Nenner
ist, brauche ich Ihnen sicher nicht zu erzaehlen. Die beiden grossen
Browser-Hersteller kuemmern sich kein Stueck um Standardisierung, sondern
bringen mit jeder neuen Browsergeneration neue Features. Dadurch driftet das
Web derzeit stark auseinander.
 
Fuer Rueckfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfuegung.
 
mit freundlichen Gruessen