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RE: Programmentwicklung fr blinde Anwender



Hallo Ruediger Leidner,

Vor einigen Wochen habe ich und mein Kollege einen solchen Text
zusammengestellt. Wir haben ihn Herrn Goth von DeTeMedien geschickt, um auf
die Probleme bei der Telefonbuch-CD der Staedte Hamburg, Muenchen und Berlin
hinzuweisen.

Die Vorbemerkung habe ich nachtraeglich vorangestellt.

Besonders fuer eine Zertifizierung fuer das Windows 98-Logo ist die Erfuellung
der Microsoft Guideline, also eine behindertengerechte Programmierung
notwendig. 

Ein Verkauf an die US-Ministerien ist aus Europa nicht so das Zugpfert,
das Windows 98-Logo schon eher.

Aber hier nun der Text

Gruss
Guenter Hanke

Privat: guenter.hanke_bEi_inka.de
Beruf: g.hanke_bEi_audiodata.de

Einfuehrung in die Grundlagen der blindengerechten Programmierung
unter Windows.

VOrbemerkung:
Blinde und hochgradig Sehbehinderte arbeiten schon seit vielen Jahren
mit dem PC unter MS-DOS.  Seit einiger Zeit verbreiten sich mehr
und mehr die Systeme unter Windows.

Fuer Sehbehinderte wurden schon sehr frueh Vergroesserungsprogramme fuer
Windows 3.11 und heute auch fuer Windows 95 oder Windows NT
herausgebracht. Diese verdoppeln, verdreifachen oder vervierfachen
einen Bildpunkt (Pixel) auf dem Bildschirm. Sie verfolgen Mauszeiger
sowie Cursor und lassen Aenderungen der Farben am Bildschirm zu.

Die Umsetzung des Bildschirmes fuer Blinde in die Blindenschrift oder
das vorlesen von Teilen des Bildschirmes ueber eine Sprachausgabe
gestaltet sich unter Windows aber viel schwieriger.

Unter DOS konnte man einfach auf die ASCII-Zeichen im
Bildschirmspeicher zugreifen.  Die sogenannten Windows-Screenreader
(Bildschirm-ableseprogramme) "horchen" nun mit, was das Programm dem
Windows Kern mitteilt.

Vereinfacht geht das in etwa folgendermassen:
Programm: Hallo Windows, oeffne fuer mich mal ein Fenster an der und der Stelle
WINDOWS: Mache ich, Du hast Fenster Nummer x
P: Schreibe mal in Fenster X mit Farbe Y den folgenden Text.
P: nun male an der und der Stelle mal folgende linien

Diese Kommunikation muessen die Screenreader fuer alle Programme
mitlauschen, interpretieren, was von den Dingen fuer den Sehenden
sichtbar ist und sie dem Blinden fuer seine Hilfsmittel umsetzen.

Eingabefelder, Schaltflaechen, Aufklapplisten, Einstellknoepfe etc.
muessen vom Screenreader erkannt und fuer das Hilfsmittel aufbereitet
werden.

Bei Grafiken ist das am schwersten. einige Scrrenreader versuchen,
grafiken wiederzuerkennen und sie durch Text zu ersetzen. Das geht
aber nur fuer Schaltflaechen o. ae. die fuer die Navigation benoetigt
werden. Ein Firmenlogo in der Textverarbeitung, ein Diagramm in Excel
oder die Deutschlandkarte bei D-INFO oder Klicktel bieten keine
wertvollen Informationen. Einige dieser Grafiken aendern sich auch und
lassen sich so nicht mehr wiedererkennen.

 Besonders, wenn man in einer Grafik auf einen bestimmten Punkt
klicken soll, ist das blinden Auges nicht moeglich.

Fuer all diese Funktionen ist es absolut notwendig, dass die
Standardfunktionen von Windows benutzt werden.

Pixel als Grafik in den Bildschirm schreiben, damit man eine schoenere
Schrift hat, eigene Bedienelemente oder aehnliche schreckliche Dinge,
sind Tabu.

Microsoft hat zu diesem Thema ein ueber 60 Seitiges englisches
Dokument mit dem Titel 
"The Microsoft Guidelines for accessible Windows Software
for people with disabilities"
erstellt, das bei 
http://www.microsoft.com/win32dev/guidelns/msdnaces.htm
abrufbar ist.

Dieses Dokument beschreibt alle Dinge, die fuer eine behindertengerechte
Software noetig ist. Es geht nicht nur um Blinde, sondern auch um
andere Behinderungsarten. und nicht nur die Software selbst,
sondern alles um das Programm herum. einschliesslich des
 Handbuches und der Verpackung.

Die Spezifikationen aus diesem Dokument muessen unter anderem
erfuellt werden, um das Windows 98 Logo zu erhalten.

Hier sind schon einmal die wichtigsten Tips zusammengefasst, um
unter Windows blindengerecht zu programmieren:
* In Dialogboxen sollten moeglichst nur
Standard-Windows-Dialogelemente verwendet werden, keine
selbstdefinierten Editlines, Listboxen, Comboboxen usw.
* Falls doch selbstdefinierte Dialogelemente verwendet werden
muessen, aktives Element mittels Focusrechteck oder durch das
System-Caret kennzeichnen und markierte Elemente mittels der
eingestellten Windows-Farben fuer hervorgehobenen Text
kennzeichnen wie dies bei den Standard-Elementen der Fall ist.
Ansonsten kann das Hilfsmittel nicht den Cursor verfolgen und der
Blinde muss immer auf dem Bildschirm herumsuchen.
* Keine Buttons mit Grafik verwenden, oder wenn, zusaetzlich oder
alternativ als Text ausfuehren. (Schrift in der Grafik reicht
nicht aus!)
* Moeglichst keine deaktivierten (grayed) Buttons verwenden.
* auf Owner-Drawed Menus und Dialogelemente verzichten.
* Nur Standard-Windows-Carets verwenden, keine
selbstprogrammierte blinkende Cursor.
* Carets sollten nur dann blinken, wenn das entsprechende Fenster
den Tastatur-Focus hat.
* Benutzung der eingestellten Windows-Farben fuer Text,
Texthintergrund, hervorgehobener Text usw..
* Alle Funktionen muessen durch Tastatur erreichbar sein,
eventuell ueber das Menu, besser zusaetzlich ueber Hotkeys
* Gruppierung von zusammengehoerigen Elementen in Dialogboxen wie
z.B. Radiobuttons in horizontaler Ausrichtung, dass sie
gleichzeitig auf einer Zeile dargestellt werden koennen.
* Aus dem gleichen Grund sollten Buttons in Dialogboxen am
unteren Fensterrand nebeneinander anstatt am rechten Fensterrand
untereinander angeordnet werden.
sind sie untereinander angebracht, werden sie jeweils am Schluss der
Zeile an den Bildschirmtext angehaengt.
* Labels sollten vor oder nach dem entsprechenden Kontrollelement
und nicht darueber stehen.
Die Braillezeile zeigt sie dann automatisch mit an bzw. die
Sprachausgabe kann sie ansagen.
* Bedienelemente, die erst durch positionieren der Maus auf bestimmte
Bildschirmbereiche sicht- oder erreichbar werden, sind zu vermeiden