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Vereine
- Subject: Vereine
- From: D.FRIEDEBOLD_bEi_PRIVACY1.ohz.north.de (Detlef Friedebold)
- Date: Sun, 01 Nov 1998 11:49:00 +0200
Hallo in die Runde!
Vor ca. einer Woche hatte eine blinde Rollstuhlfahrerin die
Veroeffentlichung des Anforderungskataloges des DBSV fuer die Deutsche
Bahn AG zum Anlass genommen zu bemerken, dass sie lieber in einem Verein
waere, der alle Behinderten vertreten wuerde.
Diese Aussage moechte ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Auch ich
bin fuer eine enge Zusammenarbeit zwischen den Blindenverbaenden und
anderen Behindertenverbaenden. Dieses ist auch schon deshalb notwendig,
damit man sich im Vorfeld auf Forderungen einigen kann, denn kommt es zu
unterschiedlichen Forderungen, besteht immer die Gefahr, dass sich die
Politiker die bequemste oder preisguenstigste Loesung heraussuchen oder
alles so lange auf die lange Bank schieben, bis man sich auf einen
gemeinsamen Nenner geeinigt hat.
Trotzdem wuerde ich mich dagegen wehren, wenn Rollstuhlfahrer die Belange
Blinder und Blinde die von Rollstuhlfahrern vertreten wuerden. Schon im
Blindenverein selbst ist es schwierig genug, immer eine gemeinsame Haltung
einzunehmen und genau diese ist nach aussen wichtig. Wenn hier noch andere
Behindertengruppen dazukommen wuerden, duerfte die gemeinsame
Meinungsbildung noch schwieriger werden. In einem allgemeinen
Behindertenverein wuerde der Blinde immer eine Minderheit darstellen.
1989 wurde beim ABSV der Arbeitskreis "Verkehr und umwelt" ins Leben
gerufen. Die Teilnahme an diesem Arbeitskreis ist nicht an eine
Mitgliedschaft gebunden, jedoch sollen hier unterschiedliche Meinungen
koordiniert werden. Natuerlich gibt es auch hier Blinde, die andere
Auffassungen zur Loesung bestimmter Verkehrsprobleme haben. Die
Teilnehmer sind jedoch so diszipliniert, dass Meinungsverschiedenheiten
intern angesprochen und ausdiskutiert werden . Hilfreich ist dabei haeufig
auch die Anwesenheit eines Mobilitaetstrainers. Nach aussen wird dann
jedoch nur eine gemeinsame Meinung vorgetragen. Der Erfolg auf politischer
Ebene oder bei den Berliner Verkehrsbetrieben zeigt, dass dieser Weg
richtig ist. Wenn man alle unterschiedlichen Meinungen nach aussen
weitergeben wuerde, fuehrt dieses nur zu Irritationen und jeder Erfolg
wuerde fraglich werden. Werden Rollstuhlbelange tangiert, erfolgt eine
Absprache mit dieser Gruppe im Vorfeld. Die Absenkung der Bordsteinkanten
auf 3 cm konnte nur erfolgen, nachdem sich Rollstuhlfahrer und Blinde im
Vorfeld auf diese Kompromissloesung geeinigt haben.
Die Teilnahme an diesem Arbeitskreis sorgte aber auch dafuer, dass
diejenigen, die eine andere Meinung vertreten haben, mehr Verstaendnis
fuer gefasste Beschluesse haben, denn sie konnten durch ihre Teilnahme den
Diskussionen und dem Werdegang der gemeinsamen Meinungsbildung folgen.
Kritik kann man an allem ueben. Wichtig ist es aber, dabei auch
konstruktiv zu sein und manche Vorgehensweisen muessen taktisch gut
ueberlegt werden. Manchmal fuehrt auch nur ein Weg der kleinen Schritte
zum Ziel. Eine aktive Mitarbeit in Blindenvereinen ist aber immer wichtig,
auch wenn man seine Meinung nicht gleich durchsetzen kann. Wie heisst es
doch: "Wer kaempft, kann verlieren, wer nicht kaempft, hat schon
verloren!"
Mit freundlichen Gruessen
Detlef