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Re: elektronische Literatur
- Subject: Re: elektronische Literatur
- From: NiteFlame <markus.ludwig_bEi_stud.uni-muenchen.de>
- Date: Sat, 03 Apr 1999 23:25:00 +0200
Andreas Donau schrieb:
>
> leider ist das nicht so einfach wie das auf den ersten Blick aussieht. Die
> Druckdateien sind nicht im ASCIi- oder einem andern Standardformat, sondern
> in besonderen Formaten, welche alle moeglichen Steuerzeichen fuer den Druck
> enthalten. Fuer eine elektronische Publikation muessten diese erst durch
> Filterprogramme "gejagt" werden, um daraus mit "ueblicher" Software lesbaren
> Text zu generieren.
Naja, jede "vernuenftige" Software bietet heute die Moeglichkeit zum Export in
verschiedene Formate. Ausserdem wird das ganze ja auch irgendwann fuer den Druck
aufbereitet, das heisst, der autor setzt die Steuerzeichen ja nicht von sich aus
ein. Ich habe einige Zeit damit verbracht, fuer ein Musikmagazin zu schreiben,
und habe ein bisschen Einblick in die Arbeitsweise bekommen, und da wollte es mir
dann nicht mehr einleuchten, wieso sich manche Leute so querstellen, wenn es um
die Verfuegbarmachung ihrer Dokumente geht. Auch wenn man einen Filter generieren
muesste, so waere das erstens in einer Sprache wie Perl kein Problem und man wuerde
zweitens die Arbeit ja nur einmal machen muessen, da man sich ja auch bei den
Steuerzeichen an gewisse Konventionen halten muss und sie nicht fuer jedes
Druckwerk aendern kann.
> Nach Auskunft eines Verlagsmitarbeiters wuerde sich der Aufwand fuer die
> wenigen Blinden, die Interesse und die technischen Moeglichkeiten zur Nutzung
> solcher Texte haetten fuer die Verlage wirtschaftlich nicht lohnen. Da gaeben
> sie dann lieber die Einwilligung z.B. an Hoerbuechereien oder
> Blindendruckbuechereien, die Werke zu uebertragen - damit bleibt ihnen dann
> dieser Aufwand erspart. Wie hoch dieser Aufwand ist, weiss jeder, der mal
> einen Jahresbericht z.B. einer Hoerbuecherei gehoert hat - deshalb gibt es nur
> eine so unvollkommene Auswahl aller Titel, die in einem Jahr erscheinen, in
Fuer mich sind das nur Ausreden. Die Hoerbuechereien koennen teilweise nur deshalb
so wenig Buecher produzieren, weil die Kosten fuer sie so enorm hoch sind
(schliesslich wollen auch die Angestellten dort was verdienen). Die
Blindendruckereien geben die Unkosten in Form von teueren Buchpreisen an uns
weiter. Also spielt es doch keine Rolle, wer hier den Reibach macht. Ob die
Verlage jetzt mit gesteigerten kosten kassieren, dafuer die Werke aber aus erster
Hand kommen, oder ob man das Geld an anderer Stelle mehr-investieren muss, macht
keinen Unterschied.
Fuer mich stellt das nur eine Form der ausgrenzung dar, die wieder einmal durch
das Deckmaentelchen der Unwirtschaftlichkeit begruendet wird.
> fuer uns direkt zugaenglicher Form. Andererseits kann ich verstehn, wenn ein
> Verlag nicht bereit ist, viele mannstunden in die Konvertierung einer
> Druckdatei zu investieren, wenn diese als "E-Buch" dann nur von 3 oder 4
> Blinden gekauft wird. Dann allerdings sollte man sich "nicht so anstellen",
> wenn wir uns die Arbeit den Einlesens und ggf. Verteilens selbst machen, die
> man dort anscheinend so scheut. Wenn die Zahl der Blinden, die ein Buch
> kaufen wuerden, das elektronisch vorliegt, angeblich so gering ist, dann ist
> ja wohl auch der wirtschaftliche Schaden, der entstuende, wenn einer von uns
> ein Werk einscannt und es an die paar anderen Interessenten in seinem
> Bekanntenkreis weitergibt, auch gering.
Stimmt, aber wer sagt denn, dass so ein Buch nur von Blinden gekauft werden
wuerde? In den Seminaren, die ich besuche, werde ich immer wieder von Studenten
gefragt, ob es denn die Buecher, die ich fuer das Seminar lesen muss, auch als
Online-Editionen gibt. Es aergert mich immer wieder, wenn ich sehe, wie auch bei
neuen Trends voellig an uns vorbeientwickelt wird. Da gibt es nun Buecher in der
Reclam-Serie, die auf CD-ROM erscheinen, und sie enthalten nicht einmal
Klartext-Dateien, sondern lediglich komprimierte TIFF-Files und einen Viewer.
Und auch der neueste Trends des "E-BOOK" erfordert einen eigenen Reader, der nur
dafuer konzipiert ist, die Seiten des Buches umzublaettern. Den Export auf einen
PC hat man dabei guetigerweise ausser acht gelassen. Die Verlage haben anscheinend
grosse Angst vor dem MP3-Symptom.
Gruss,
NiteFlame