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Re: Kontakt mit Gehoerlosen im Netz



Hallo Wolf, hallo alle!
 
Selbst auf die Gefahr hin, wieder einmal etwas "off topic" zu geraten,
bleibt mir fast nichts anderes uebrig, als mich zu diesem Thema nochmals
zu melden. Eigentlich bin ich ueberrascht, dass ich mit meiner
Sympathiebekundung fuer den Namen "Taubenschlag" doch tatsaechlich in ein
"Fettnaepfchen" getreten bin (oder ist auch dieses Wort bereits wieder
eine Verunglimpfung der Wohlbeleibten?). Sodann muss ich mich denn doch
gegen den Vergleich mit "mongoloid" wehren: Dass er unpassend ist, hast Du
ja selbst begruendet, indem diese Bezeichnung nachweislich in boeser
Absicht eingefuehrt bzw. forciert wurde, was auf das uralte Wort "taub"
bestimmt nicht zutrifft. Natuerlich kann man Empfindlichkeiten von
Behindertengruppen gegen den allgemeinen Sprachgebrauch begruenden:
"Taub" und "doof" (ebenso wie "taub" und "dumm", die beide auf das
mittelhochdeutsche Wort "tumb" zurueckgehen) haengen ebenso zusammen wie
"blind" und "bloed". Aber, Herrschaften, loesen wir das Problem der
negativen Assoziation wirklich damit, dass wir den Duden zu frisieren
versuchen? Ich habe sogar den deutlichen Eindruck, dass wir das Gegenteil
davon erreichen, was wir eigentlich wollen: Schon manchmal bin ich von
Sehenden zoegernd gefragt worden, ob man mich als "blind" bezeichnen darf.
Ja, Menschenskind! wenn die Leute meine Behinderung nicht mehr unbefangen
beim Namen nennen duerfen, baue ich dann eine neue Barriere auf oder eine
alte ab? Bilden wir uns denn ein, unsere Achtung in der Oeffentlichkeit
wuerde dadurch steigen, dass wir unseren Gespraechspartnern sprachliche
Fallen stellen und jedesmal lauthals "Diskriminierung!" schreien, wenn sie
wieder einmal aus purer Gedankenlosigkeit hineingetappt sind? Mir
imponiert jedenfalls, wenn Behinderte den Mut haben, sich zu ihrem
Handicap zu bekennen, und es den Mitmenschen zugestehen, die Dinge
geradeheraus beim Namen zu nennen. Ich zumindest lege Wert darauf, meine
Zeitgenossen auf andere Weise davon zu ueberzeugen, dass ich wohl "blind",
aber eben nicht "bloed" bin. Und ich bin sicher: Wenn mir dieser Nachweis
gelingt, brauche ich keine Angst mehr vor negativen Sprachassoziationen zu
haben. - So, und wenn's die Gemeinde beruhigt: Vor dem naechsten Mal lasse
ich mir ganz bestimmt keinen derben Spass mehr einfallen!
 
In diesem Unsinne herzliche Gruesse
Eberhard
 
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Dr. Eberhard Hahn
Universitaet Tuebingen                                  Tel. +49 7071 29-76954
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