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Ästhetik oder Schnickschnack war: Re: DOS - man staunt



Hallo

-----Urspruengliche Nachricht-----
Von: Hans-Werner Horn <HWHORN_bEi_wiesbaden.netsurf.de>
An: fblinu_bEi_mvmpc100.ciw.uni-karlsruhe.de
<fblinu_bEi_mvmpc100.ciw.uni-karlsruhe.de>
Datum: Samstag, 24. April 1999 09:46
Betreff: Re: DOS - man staunt immer wieder


>Viel interessanter ist fuer mich jedoch die Frage, "ansprechende
>Textgestaltung", wie weit koennen zumindest Vollblinde das ueberhaupt

Hier gibt es wohl keine endgueltige Antwort. Theoretisch kann ich mit meinem
Screenreader die Gestaltung eines Textes abfragen (Schriftart, Schriftgroesse,
zusaetzliche Attribute wie unterstrichen usw.) und - wegen der
Schwierigkeiten, Proportionalschriften auf die nicht-proportionalen Anzeigen
Braille bzw. Sprache umzusetzen - beschraenkt auch die Gliederung bzw.
Einzuege von Absaetzen. Aber selbst als jemand, der mal gesehen hat - bis zum
18. Lebensjahr - kann ich mir immer noch nicht vorstellen, wie das, was ich
da gemacht habe, dann schliesslich wirkt. "Arial fett 12 Punkt" ist einfach
eine Angabe, wie das als Ueberschrift und dann "Arial standard 10 Punkt"
darunter als Text nun auf einen sehenden Leser wirkt, weiss ich trotz aller
unterstuetzenden Ansagen meines Screenreaders immer noch nicht.

Insoweit macht es keinen Unterschied, ob ich unter Windows, Dos oder mit
Latech einen Text editiere und gestalte: die aesthetische Beurteilung des
Endresultats wird immer nur ein Sehender leisten koennen.

Wobei ich mich dann auch schon im Beruf teilweise genervt fuehle durch
manchmal ueberzogene Ansprueche von Sehenden. Sei es, dass nun unbedingt eine
bestimmte proportionale Schrift verwendet werden soll, weil angeblich das
alte gute Courier "nicht gut aussieht" oder dass man sich viel Arbeit machen
soll, weil auf einmal ein bestimmtes Logo in den Briefkoepfen auftauchen soll
und deshalb ein altes, funktionierendes Makro, welches nach ein paar
Eingaben 18 Seiten Text produziert, erneuert werden soll - gegen zweiteres
hab ich mich bislang durch Nichtbefolgung einfach stillschweigend gewehrt,
und es hat bislang keinen ausser meinem Chef, der ab und zu Andeutungen
macht, sich aber wohl nicht traut, mehr zu sagen, da er meine Einstellungen
zu solchem "Sehendenschnickschnack" inzwischen kennt - gestoert.

Mir ist seit dem Einzug von PCs in die Arbeitswelt aufgefallen, dass manche
Leute bei der Erstellung von Schriftstuecken inzwischen mehr Zeit auf das
Aussehen als auf den Inhalt verwenden, statt einer inhaltlichen
Auseinandersetzung dominiert die "Praesentation". Wohl auch ein Ausfluss des
auf mehr scheinen als wein dominierten zeitgeistes.

Ich denke, man muss nicht jeden Mist mitmachen, nur weil er nach gerade
herrschendem Geschmack "gut aussieht". Geschmaecker aendern sich schnell. Ein
gut formulierter Text dagegen kommt immer an - das koennen wir, ganz ohne
sehende "Unterstuetzung". Warum nicht dort brillieren, wo man - manchmal
mehr - kann ...

Gruss Andreas