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Wahl- vs. Folgeaufgaben (war: Screenreaderprinzip)



Hallo, Andreas, hallo, Forum!

Andreas, Du bevorzugst ein rein verbalisierendes Konzept fuer den
Screenreader und weist zurecht darauf hin, dass er realistischer und
einfacher zu erarbeiten waere als eine "Multimediashow".  Prinzipiell
stimme ich zu, aber man muss folgende grundsaetzliche Unterscheidung
zwischen verschiedenen Aufgaben treffen:

Da gibt es zunaechst die WAHLAUFGABEN.  Wenn ich aus einer Liste von
Moeglichkeiten etwas auswaehlen will, brauche ich zunaechst nur die
Information, wo innerhalb der Alternativen ich mich derzeit befinde, und
welche weiteren mir zur Verfuegung stehen.  Ob und wie die Alternativen
graphisch angeordnet sind, ist zum Auswaehlen nicht erheblich.  Daher
halte ist hier die Versprachlichung ohne weiteres moeglich und ausreichend.

Daneben gibt es aber noch die FOLGEAUFGABEN.  Nehmen wir an, wir
haetten es mit einem Spiel zu tun, in dem ein Punkt auf dem Bildschirm
hin- und hertanzt, und meine Aufgabe darin besteht, ihn zu verfolgen.
In diesem Fall braucht man stets Kontrolle ueber die Position des
Folgesymbols relativ zur eigenen Zeigerstellung.  Und solche Angaben
lassen sich tatsaechlich mit Geraeuschen und Richtungen im Raum viel
deutlicher anzeigen (weil man ja staendig die Position wechselt,
wuerde man bei Versprachlichung zu einem "Wortsalat" kommen).

"Und wann hat man beim Screenreader mit Folgeaufgaben zu tun?"
Nicht so oft, zugegeben.  Wenn ich ein bestimmtes Wort auf dem Schirm
suchte, das in einem bestimmten Zusammenhang steht und durchaus noch
mehrmals auf dem Schirm vorkommen konnte, hat sie mir tatsaechlich durch
das Wort "hoch" bzw. "runter" und "links" bzw. "rechts" die Haupt-
richtung angewiesen, und den Grad der Abweichung durch Erhoehung und
Vertiefung der Stimme demonstriert.  So wurde die Findeaufgabe zur
Folgeaufgabe umdeklariert, und ich konnte sie muehelos loesen, ohne mir
stets den gesamten Bildschirmaufbau vergegenwaertigen zu muessen.
Du hast schon Recht, Andreas, Blinde sind es eher gewohnt als Sehende,
rein verbale Informationen in raeumliche Aktionen umzusetzen, aber
warum sollten sie nicht auch mal "faul" sein duerfen, wenn's denn die
Technik bei vertretbaren Entwicklungskosten gestattet.

Mein guter Screenreader waere mit Braillezeile und Sprachausgabe ueber
Stereokopfhoerer zu benutzen.  Wichtige Infos von Mitarbeitern kriegt
man immer noch - die Kopfhoerer heutiger Machart sind leicht genug und
lassen entsprechenden Schall durch.  Der Reader soll zwischen einem
Wahl- und einem Folgemodus unterscheiden.  Der Wahlmodus sollte die
Standardeinstellung bilden, der Folgemodus nur auf ausdruecklichen
Wunsch eingestellt werden koennen.  Ein solcher "Reader" wuerde es uns
Blinden auch ermoeglichen, Dokumenten mit sich auf dem Schirm bewegenden
Elementen zu folgen, und er wuerde uns in die Lage versetzen, Spiele
mitmachen zu koennen.  Geeignete Folgetoene und Raumrichtungen -
kombiniert mit Worten, die die Hauptrichtung angeben - erleichtern das
Folgen.  Eine solche Loesung braucht - nach meinem Kenntnisstand -
keine extrem aufwendige Technik - etwas Stereo und eine gute Soundcarte
reichen.  Schwierig wird nur die programmtechnische Umsetzung von
Symbolen in eindeutig zuweisbare Worte und von Bewegungen in eindeutig
zuweisbare Toene bzw. Raumentfernungen.  Das ist, was Kies kostet.
Was die Oldenburger da machen, das weiss ich nicht.  Ich weiss nur eins:
wenn die mich als Vp wollen, und mir die Fahrten bezahlen, komm ich gern.

Herzliche Gruesse                                            Arne Harder
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Dr. Arne Harder, Otto-von-Guericke-Strasse 57, D-39104 Magdeburg.
Tel. 0049-391-5411241.  E-Mail: harder_bEi_medizin.uni-magdeburg.de
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