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Re: AW: JFW - jetzt bin ich auch dabei!
- Subject: Re: AW: JFW - jetzt bin ich auch dabei!
- From: Bernd Fritzsche <Bernd.Fritzsche_bEi_rhein-main.de>
- Date: Wed, 28 Jan 1998 22:35:07 -0800
Hallo in die Runde!
nachdem die Diskusion um die Verwendbarkeit der unterschiedlichen
Screanreader fuer Windows so richtig losgegangen ist, moechte ich noch
etwas dazu beitragen.
> Das sind dann so die Aussagen, die uns immer wieder Hoffnung machen, >
> uns
> aber vor der Enttaeuschung nicht bewahren. Eigentlich wuensche ich mir,
> dass wir hier etwas ehrlicher miteinander umgehen.
Bislang hatte ich nicht den Eindruck dass hier jemand luegt. Wenn aber
die
ganze Zeit nur erzaehlt wird, dass es fast unmoeglich ist, dass man
als
Blinder mit Windows-Programmen vernuenftig arbeiten kann, braucht man
sich eigentlich nicht wundern, wenn euforische aeusserungen kommen,
wenn
man feststellt, einiges geht doch.
Aber ganz ehrlich: Vieles geht nicht. Da ist die grosse Palette der
Bildbearbeitungssoftware, PC-Games, Audiostudio um mal nur einige
Hauptgruppen zu nennen. Unter Dos war das ja nie ein Problem.
> Wer die Fachkompetenz hat, weiss, dass dem laengst nicht
> so ist. Aber was denken zum Beispiel die Medien? Alles klar! Alles kein
> Problem! Windows haben wir voellig im Griff, hura! Und es gibt keinen
> >Grund, bei Microsoft auf Verbesserung der Situation zu draengen.
Ich glaube, dass die Entscheidung ueber notwendige Entwicklungsarbeiten
nicht von den Medien getroffen wird. Wenn man sich mal verdeutlicht,
welche Anstrengungen unternommen werden um die Grafischen Oberflaechen
zugaenglich zu machen, sollte einem das eigentlich klar werden.
Soviel ich weiss, hat die GAI den Auftrag von Microsoft erhalten einen
universellen Treiber fuer Hilfsmittel zu entwickeln. Der wird dann
hoffentlich auch nahe genug am Betriebssystem sein.
> Je nach dem, wie man
> "Produktivitaet" fuer seinen Arbeitsplatz definiert, ist man haeufig
> tatsaechlich produktiever. Aber du hast es voellig richtig
> dargestellt. > Der
> wichtigste Faktor ist die Zeit, und kein Hersteller verraet einem,
> dass > eine
> bestimmte Arbeit, die mit seinem Screenreader zu bewaeltigen ist, auf
> >jeden
> Fall mehr Zeit in Anspruch nimmt als beim sehenden Kollegen mit der >
> Maus.
Da hast Du Recht. Auf Geschwindigkeit kommt man oft nur, wenn man die
meist alternativ moeglichen Hotkeys nutzt.
> Vom Schulungsaufwand will ich erst gar nicht anfangen. NIcht nur du als
> betroffener, sondern auch diejenigen, die euch eigentlich in der >
> Anwendung
> schulen sollten, muessen sich erst mal selbst mit dem Screenreader
> beschaeftigen.
Meiner Meinung nach, sind die meisten Screanreader in ihren
Moeglichkeiten so komplex, dass eine vernuenftige Schulung nur vom
jeweiligen Hilfsmittelhersteller geleistet werden kann.
> Die Forderungen, die sich fuer mich daraus ergeben, lauten u. a.:
> 1. Die Screenreader muessen _erheblich_ komfortabler werden. Damit dies
> erreicht werden kann, muessen sie quasi viel mehr Eigenintelligenz >
> mitbringen.
> Die Hersteller von Screenreadern sollten
> endlich mal lernen, zusaetzlich zum Osm techniken der kuenstlichen >
> Intelligenz
> oder der Fuzi-Logic einzusetzen, um beispielsweise ein Fenster zu >
> erkennen.
Das ist eine berechtigte Forderung. Da ist bestimmt auch noch einiges
machbar. Gelegentlich faellt es jedoch sogar Menschen schwer in der
intuitiven Oberflaeche auf anhieb das Richtige zu tun.
> Es gibt noch viel zu tun, liebe Programmierer! Ich weiss, dass diese >
> Forderungen nur schwer zu realisieren sind.
Das ist ja schon mal was!
> 2. Das Vorhandensein eines Screenreaders darf die restliche >
> Rechnerumgebung
> wie Betriebssystem, Anwendungssoftware o. ae. nicht im Verhalten >
> beeinflussen.
> In diesem Punkt hat sich bei einigen Screenreadern gerade mit Windows
> > 95 viel
> positives getan. Es koennte aber noch deutlich besser sein. Oder ist
> es > etwar
> in Ordnung, wenn ich beim Versuch, die Software fuer meine >
> Awe32-Soundkarte zu
> installieren, pploetzlich feststelle, dass die Tasten auf dem >
> Nummernblock fuer
> den Screenreader nicht mehr gehen und etwas ganz anderes tun? Ich muss
> > dann mit
> irgendwelchen Klimmzuegen sehen, dass ich dieses Menue wieder >
> verlasse.
Das ist ja wohl eine Konzeptfrage. Es gab und gibt Hilfsmittel, die von
fornherein so konzipiert sind, dass fuer die Bedienung des Hilfsmittels
die PC-Tastatur nicht benoetigt wird. Es gibt auf dem Markt viele
fehlerhafte Software. Wenn der Fehler bereits im Anwendungsprogramm
liegt, kann ihn ein Screanreader auch nicht kompensieren.
> 3. Die Kommunikation zwischen dem blinden Anwender und dem sehenden >
> Kollegen
> muss gegeben sein. Die grafische Benutzungsoberflaeche ist schon >
> komplex genug.
> Auf diese noch eine Oberflaeche aufzustuelpen, um die darunterliegende
> > Gui
> blindengerecht aufzubereiten, erschwert die Zusammenarbeit. Der Blinde
> > hat
> dadurch keine rechte Vorstellung davon, wie sich dem Sehenden der >
> Bildschirm
> darstellt. Also baut man fuer den Sehenden ein einblendbares >
> Braillewindow ein,
> damit wenigstens dieser weiss, was der Blinde sieht. Aber ob das dem >
> Blinden
> wirklich hilft?
Was willst Du nun eigentlich? Das unsortierte Bilderkaos, dass
gelegentlich automatisch neu angeordnet wird, ist sicherlich nicht dazu
geeignet auf eine akzeptable Arbeitsgeschwindigkeit zu kommen. Nur eine
fuer Blinde aufbereitete Arbeitsumgebung ermoeglicht es, Software mit
einer Erwartungshaltung - wo finde ich was - zu bedienen und nur so wird
man mit der Zeit schneller.
Hierzu mal eine Ueberlegung:
Eine grafische Benutzeroberflaeche ist dreidimensional.
Links, rechts, oben, unten und da ist noch die Farbe, die eine
Ausagekraft hat. Zum Beispiel eingegraute Icons. Die sind da, koennen
aber nicht aktiviert werden.
Hilfsmittel sind aber eindimensional. Ueblicherweise navigiert man der
Lesegewohnheit folgend von linksoben nach rechtsunten.
Da ist es dann schon schoen, wenn einem die Elemente begegnen. Die
einzige Chance die Eindimensionalitaet zu verlassen ist der kombinierte
Einsatz von Sprachausgabe und Braillezeile oder Grossschrift. Dann wird
es moeglich aktuelle Meldungen - so zu sagen - einzublenden.
Hier mein Vorschlag:
Lasst uns doch austauschen, was geht und was nicht. Vorallem was mit
welchem Screanreader geht. Das haette den Vorteil, dass man sich nicht
damit abgibt, wenn ein Hersteller sagt, dass geht nicht und man weiss,
dass
es mit einem Konkurenzprodukt doch geht.
In der guten alten DOS-Welt waren doch auch etliche Huerden zu nehmen.
Welches Hilfsmittel konnte denn schon 1986 Softcursor erkennen?
Und mal ehrlich, was bleibt uns wenn am Arbeitsplatz - wie bei mir - ein
Windows NT Netzwerk eingefuehrt wird. Alle Kollegen mit der
entsprechenden Software ausgestattet werden anderes uebrig, als zu
schauen, wie man weiter arbeiten kann.
Gruss Bernd Fritzsche