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Herr Magoo
- Subject: Herr Magoo
- From: n.mueller_bEi_hit.handshake.de (Norbert Mueller)
- Date: 26 May 1998 15:03:00 +0100
Dienstag, 26.05.98
Hallo zusammen,
vor einigen MOnaten hat es hier eine Diskussion über die Resolution
gegeben, die einige Blindenverbände, darunter auch der DBV, gegen den
Disneyfilm über Mr. Magoo verabschiedet haben.
Ich stand in der Zwischenzeit in Kontakt mit der Filmgesellschaft, die di
e
deutsche Version auf den Markt bringen würde. Uns wurde angeboten, daß man
uns den Film vorab zeigt.
In den USA war der Film ein Flop. Dort gab es viele Diskussionen im
Vorfeld (bei uns außerhalb von "Blindenkreisen" nicht. Dort gab es auch
einen Nachspann, in dem geschrieben stand, daß der Film keinesfalls
beabsichtigt, die Fähigkeiten blinder Menschen ins Lächerliche zu ziehen.
Herr Menne von der Firma Bonavista, die die deutsche Fassung gemacht hat,
sagte mir am Telefon, daß wir sicher was besseres machen könnten als die
Amerikaner. Wir wollten darüber reden, wenn man uns den Film zeigt. Er
würde sich bei mir melden.
Da er dann anfängt zu arbeiten, wenn der Durchschnittsmensch Feierabend
hat, habe ich ihm sogar meine private Telefonnummer gegeben, weil mir die
Sache wichtig war.
Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.
Jetzt habe ich natürlich dort angerufen. Er selbst war nicht zu erreichen
(es ist ja auch noch nicht nach 16:30 Uhr), aber seine Mitarbeiterin sagt
e
mir, sie sei sicher, daß er versucht habe, mich anzurufen. Ich habe ihr
erwidert, daß ich sowohl auf der Arbeit als auch daheim einen
Anrufbeantworter habe und demnach eigentlich selbst dann für ihn
erreichbar gewesen wäre, wenn ich unterwegs war.
Ich habe ihr auch gesagt, man könne den Eindruck bekommen, das ganze sei
nur ein Manöver gewesen, um uns ruhig zu stellen, bis das Kind in den
Brunnen gefallen ist. Dem konnte sie natürlich nicht zustimmen.
Was bleibt zu tun? Der DBV ist natürlich jetzt nicht mehr bereit, noch was
zu unternehmen. Ich selber kann auch schlecht gegen einen Film
argumentieren, den ich, obwohl ich jetzt ja überall die Möglichkeit dazu
hätte, nicht gesehen habe. Ich habe der Dame auch gesagt, daß ich es mir
psychisch nicht zumuten werde, mich in einen vollen Kinosaal zu setzen un
d
mit anzuhören, wie das gesamte Publikum über Dusseligkeiten lacht, die sie
für "typisch blind" hält. Ich habe ihr aber auch angekündigt, daß ich,
wenn ich zur Zielscheibe eines Spotts werde, der aus dem Film resultiert,
diese Tatsache veröffentlichen werde.
Abschließend habe ich sie noch gefragt, ob denn Bonavista von sich aus
eine Erklärung in den Film eingebaut habe, wonach sich das dort gezeigte
nicht gegen blinde/sehbehinderte Menschen richtet. Sie will sich
informieren und mir Bescheid geben.
Ob ich wohl nochmal von ihr höre?
Letztlich bleibt uns wohl nur eines: Wir können hoffen, daß der Film hier
ein ebenso großer Flop wird wie in den USA.
Ich will mit diesem Beitrag nicht die Diskussion über Mr. Magoo neu
entfachen. Ich wollte Euch nur darüber informieren, wie die Sache
weitergegangen ist.
Diejenigen, die schom immer gegen die Magoo-Resolution waren, mögen sich
jetzt die Hände reiben. Die anderen können meinen Frust und meine
Verärgerung mit mir teilen.
Norbert.
--
Der Triumpf der Gewalt endet stets mit einer Trauerfeier. (Laotse)