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Programmentwicklung fuer blinde Anwender



Hallo Matthias (und alle, die dieser Betreff interessiert),

wir hatten uns kuerzlich (bilateral) kurz darueber ausgetauscht, dass man
nicht nur "Regeln" zur blindenfreundlichen Gestaltung von Homepages fuer
den Fall von Anfragen staendig bereit haben sollte, sondern auch allgemeine
Hinweise zur (blindenfreundlichen) Programmierung insbesondere von
Windows-Programmen.

In der GUITalk-Liste wurden gerade "7 einfache Regeln" verbreitet, die ich
nachstehend kurz uebersetze, da ich sie fuer ein gutes Ausgangsdokument
halte. Die Liste muesste noch um einige Punkte ergaenzt werden, nicht
zuletzt auch um Hinweise fuer die Programmbedienung durch sehbehinderte
Anwender.
Der Originaltext ist zu finden bei Artic Technologies
(http://www.artictech.com/howprog.htm).

Ruediger Leeidner

Vorbemerkung:

Dieser Text richtet sich an Produktentwickler und Anwendungsprogrammierer,
die sich mit ihren Programmen auch fuer Ausschreibungen der US-Verwaltung
qualifizieren wollen, die verlangt, dass Software auch von Blinden und
Sehbehinderten bedienbar sein muss.
Wenn ein Entwickler meint, dass er diese Regeln durchbrechen muss, um die
Performance seines Produkts zu verbessern, sollte er "Microsoft Active
Accessibility" unterstuetzen, da dann dem Kaeufer grundsaetzlich Zugriff
auf Textquellen moeglich ist.

Ein simpler Ansatz:
1. Schliessen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich vor, wie ein blinder
Anwender den Bildschirm lesen sollte.
2. Betrachten Sie das Layout und wie die Informationen auf den Bildschirmen
gruppiert sind.
3. Beschreiben Sie nun, wie man mit Tasten(-Kombinationen) ueber den
Bildschirm navigiert und auf Informationen zugreift. 
- Gibt es Bereiche, die der Cursor nicht erreichen kann?
- Gibt es in ein- und derselben Bildschirmzeile inhaltlich nicht
zusammenhaengende Texte, die beim Lesen der ganzen Zeile nacheinander
gelesen wuerden?

Die 7 Regeln:

1. Stellen Sie sicher, dass jeder Mausaktion eine Tastenkombination
entspricht!
Diese Regel sollte bei jedem guten Programm beachtet werden, da es auch
fuer sehende Anwender ineffizient sein kann, die Haende von der Tastatur
nehmen zu muessen, um mit der Maus zu klicken.

2. Bringen Sie die Feld- bzw. Objektbezeichnungen (gefolgt von einem
Doppelpunkt) links von den zugehoerigen Daten an!
Die Bezeichnungen sollten naemlich vor dem Inhalt des Feldes gesprochen
werden. Der Doppelpunkt dient der besseren Unterscheidbarkeit von
Bezeichnung und Datum.

3. Vermeiden Sie die Anordnung von Text in Spalten, so dass beim
(zeilenweisen) Lesen von links nach rechts inhaltlich nicht
zusammenhaengende Texte nacheinander gelesen werden!

4. Umgehen Sie keine Betriebssystemdienste, um Text an Objekte zu senden!
Viele Programmierer versuchen, Beschraenkungen des Betriebssystems zu
umgehen und Ressourcen bzw. Objekte direkt anzusprechen, um ihr Programm zu
beschleunigen.  
Dies ist eine der "Hauptsuenden". Windows-zugangsloesungen fuer Blinde
koennen nicht auf Informationen zugreifen, die auf diese Art und Weise
"versteckt" werden.

5. Benutzen Sie die vorhandenen Controls des Betriebssystems!
Nur so koennen Ihre proprietaeren Mechanismen verstanden werden.

6. Wandeln Sie nicht Text in "kunstvolle" Bitmap-Darstellungen um!
Denn wie sollten Pixel in Sprache wiedergegeben werden koennen?

7. Belegen Sie die Tastatur nicht mit eigenen Tastenkombinationen!
Die Windows-Zugangsloesungen fuer Blinde benoetigen ebenfalls
Tastenkombinationen (auf dem Ziffernblock, aber auch im Haupttastenfeld),
um den Bildschirm auslesen zu koennen, so dass Tastaturkonflikte entstehen,
wenn ausser den Windows-Tastaturbefehlen weitere Tasten belegt werden.

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