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Re: Jahr 2000
- Subject: Re: Jahr 2000
- From: Eberhard Hahn <eberhard.hahn_bEi_zdv.uni-tuebingen.de>
- Date: Wed, 5 Aug 1998 09:08:25 +0200 (MESZ)
Hallo zusammen!
On Tue, 4 Aug 1998, Sven =?ISO-8859-1?Q?T=FCrpe?= wrote:
> Bis vor kurzem
> dachte man dabei hauptsaechlich an ueber Jahre gewachsene EDV-Strukturen
> aus der Steinzeit, Grossrechner von Banken und Versicherungen zum Beispiel,
> deren Software seit den 60er oder 70er Jahren weiterentwickelt, aber nie
> ausgetauscht wurde.
Wie tief man sich bei den Banken noch in der Software-Steinzeit befindet,
davon konnte ich mich in den letzten Monaten ueberzeugen. Hier am
Rechenzentrum der Uni Tuebingen sind einige Dienste gebuehrenpflichtig.
Hierfuer haben wir ein Lastschriftverfahren eingefuehrt. Unsere Daten,
die wir ueber die Uni-Kasse bei der Bank einreichen, muessen natuerlich
nach den Konventionen aufbereitet sein, die die dort eingesetzten
Programme erwarten. Und da kann man wirklich nur staunen! Die Datei muss
auf Diskette vorliegen und einen bestimmten Namen haben. Sie darf nur
Ziffern, Grossbuchstaben und einige Sonderzeichen enthalten. Umlaute
werden als [ \ ] geschrieben. Die Zeilen muessen aus genau 128
(physikalischen) Zeichen bestehen, Steuercodes fuer Wagenruecklauf und
Zeilenvorschub sind nicht zugelassen. Die einzelnen Angaben muessen an
genau festgelegten Positionen stehen. Zahlen muessen zum Fuellen der
Datenfelder mit fuehrenden Nullen geschrieben werden ... Es ist schon ein
mittleres Kunststueck, eine solche Datei ueberhaupt zu erstellen (man
darf z.B. keinen Texteditor darauf loslassen, weil der ja Steuercodes an
den Zeilenenden einfuegt). Da scheint die Zeit wirklich auf der Stufe der
Lochkarten stehengeblieben zu sein. Bei solchen Systemen ist es schon
vorstellbar, dass die Jahrtausendwende erhebliche Probleme aufwirft.
> Aufgefallen ist mir jedoch
> bereits, dass eine ganze Reihe konstruierter (phantasierter?) Szenarien
> im Umlauf ist, aber nur wenig handfeste Information. Damit lassen sich
> Leute aengstigen - auf dass man ihnen fuer viel Geld Jahr-2000-Beratung
> verkaufen kann.
Das ist vielleicht die eigentliche Gefahr beim Uebergang ins 21.
Jahrhundert: Man zieht den Leuten das Geld aus der Tasche. Manchmal habe
ich schon gedacht, die Softwareindustrie hat das geschickt eingefaedelt.
Bei all den Umstellungen, die man der Menschheit in der EDV seit einigen
Jahren zumutet, waere es doch eine Kleinigkeit gewesen, auch gleich
vierstellige Jahreszahlen konsequent einzufuehren. Hat man es womoeglich
absichtlich nicht getan, um nun alle Welt rasch zum Kauf von neuen
Betriebssystem- und Programmversionen zu zwingen?
Aber, ehrlich gesagt, bis zur Zahlungsunfaehigkeit wird man die
Menschheit damit nicht ausnehmen. Sicher bleibt noch Geld genug uebrig,
um zu Silvester 1999 eine Riesenknallerei zu veranstalten und Feuerwehr
und Unfallkliniken kraeftig mit Arbeit einzudecken. Ich muss zugeben, vor
diesem Termin ist es mir schon etwas unheimlich, was wohl auch damit zu
tun haben koennte, dass ich die Zeit noch mitbekommen habe, als Knallerei
eine reichlich lebensbedrohende Angelegenheit war.
Viele Gruesse
Eberhard
- References:
- Re: Jahr 2000
- From: Sven Türpe <bubble_bEi_aix550.informatik.uni-leipzig.de>