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weitere Urteile



Mitteilungen der Rechtsabteilung (RA) Nr. 5/1999

Betr.:
a) Anerkennung von "zusaetzlichen" Behinderungen (Urteil BSG)
b) Aushaendigung der gekauften Software auf externem Datentraeger
(Urteil LG Braunschweig)

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu a):
Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 24.6.1998 (Az.: B 9 SB 17/97
R) eine Entscheidung getroffen, die den Versorgungsaemtern und
Sozialgerichten in Zukunft einige Arbeit ersparen wird. Es geht
um die Antraege von Personen, die aufgrund verschiedener
Funktionsbeeintraechtigungen behindert sind und die sich nicht mit
den Aussagen des Schwerbehindertenausweises (Grad der Behinderung
und Merkzeichen) begnuegen wollen. Sie wollen vielmehr darueber
hinaus - nach der Devise "wer weiss, wozu es gut sein mag" - im
Feststellungsbescheid bestaetigt bekommen, welche
Funktionsbeeintraechtigungen im Einzelnen bei ihnen auch sonst
noch vorliegen. Dass die Versorgungsaemter diesem
Feststellungsbegehren nachzukommen haetten, meinte noch das in
diesem Fall in der Vorinstanz entscheidende Landessozialgericht
bejahen zu muessen. Eine solche Pflicht ergebe sich aus § 4 Abs. 1
Schwerbehindertengesetz. Das BSG war aber anderer Meinung: Der
zitierte Paragraph verlange, "das Vorliegen einer Behinderung"
festzustellen, das heisst: das Erfuelltsein der Voraussetzungen fuer
einen Behindertenausweis mit bestimmten Angaben, nicht aber, was
an Funktionsbeeintraechtigungen im Einzelnen vorliege.
Das bedeutet: Steht der Grad der Behinderung (und das Vorliegen
der Voraussetzungen fuer bestimmte Merkzeichen) zweifelsfrei fest
oder ist bereits der Hoechstgrad von 100 erreicht, so besteht fuer
weitere Feststellungen kein Beduerfnis.

zu b):
In dem Fall, ueber den hier zu berichten ist, ging es um einen
Streit zwischen einem Blinden (Klaeger) und einer Hilfsmittelfirma
(Beklagte). Die Firma hatte ihm ein Lesegeraet (offenes System)
geliefert mitsamt der auf der Festplatte installierten Software.
Der Blinde verlangte jedoch, das Texterkennungssystem zusaetzlich
auf einem externen Datentraeger (Diskette oder CD-Rom)
ausgehaendigt zu bekommen, um damit im Falle des
Unbrauchbarwerdens der Software - etwa infolge eines
Bedienungsfehlers - das System sofort wieder neu installieren zu
koennen. Die Firma verweigerte dies jedoch unter Berufung auf eine
"Lizenzvereinbarung", welche Bestandteil des abgeschlossenen
Vertrages sei. Das Amtsgericht Goslar gab der Beklagten Recht,
das Landgericht Braunschweig sprach jedoch mit Urteil vom
13.1.1999 - Az.: 9 S 100/98 - dem Klaeger den geltend gemachten
Anspruch zu. Bei einer standardmaessig fuer einen groesseren Kreis von
Anwendern entwickelten Software (also wenn es sich nicht um eine
individuelle Einzelanfertigung handle) sei es allgemein ueblich,
die Software auch auf externen Datentraegern beizufuegen. Auf die
genannte "Lizenzvereinbarung" koenne sich die Beklagte nicht
berufen, weil ihre Einbeziehung in den geschlossenen Kaufvertrag
nicht nachgewiesen sei. Und ausserdem "bestuenden auch erheblich
Bedenken gegen deren Wirksamkeit aus dem Gesichtspunkt
unangemessener Benachteiligung nach § 9 AGBG, da es keinen
ersichtlichen Grund fuer die Nichtaushaendigung der Datentraeger
gibt, da die Beklagte als Urheber bereits ausreichend gegen
Missbrauch durch unerlaubte Vervielfaeltigung gesichert ist:
Bewiesenermassen werden auch bei anderen Softwareanbietern - wie
z. B. Microsoft - die entsprechenden externen Datenspeicher zum
berechtigten Gebrauch durch den Erwerber/Lizenznehmer beigefuegt."


Mit freundlichen Gruessen


       (Drerup)