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Umzug und Blindengeld



Mitteilungen der Rechtsabteilung (RA) Nr. 6/1999

Betr.: Blindengeld/Blindenhilfe

Sehr geehrte Damen und Herren,

in letzter Zeit sind mir gleich mehrere Faelle begegnet, in denen
der Blinde nach einem Umzug von Bundesland A nach Bundesland B es
versaeumt hat, rechtzeitig im Land B einen neuen Antrag auf
Blindengeld zu stellen. Bekanntlich fuehrt dies zu einem
irreparablen Nachteil, weil - jeweils mit Recht - Land A das nach
dem Umzug weitergezahlte Blindengeld zurueckfordert und Land B
keine Leistungen fuer die Zeit vor Antragstellung erbringt. Ich
moechte alle Leser bitten, diese Information noch einmal und an
moeglichst viele weiterzugeben, damit der Fall nicht erneut
eintritt.  Hinweisen moechte ich auch darauf, dass der Blinde sich
nicht darauf verlassen kann, mit der Abmeldung in Land A erfolge
automatisch eine Anmeldung in Land B. Er muss vielmehr selber den
Antrag im Land B stellen.

Nur in einigen Laendern (es handelt sich um Baden-Wuerttemberg,
Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thueringen) gibt es
eine Sonderregelung, wonach Land A auch nach dem Umzug nach Land
B
noch weiterhin Blindengeld zahlt, und zwar dann, wenn nach dem im
Land B geltenden Recht zugezogene Heimbewohner vom Blindengeld
ausgeschlossen sind.

Diese Regelung war der Hintergrund in einem Fall, von dem ich
letzte Woche erfuhr: Der Blinde war von Niedersachsen nach
Rheinland-Pfalz gezogen. Erst mit Verspaetung hatte er in
Rheinland-Pfalz Blindengeld beantragt, so dass ihm fuer mehrere
Monate das Blindengeld entgangen war. Als er sich in
Niedersachsen abgemeldet hatte, hatte ihn die Behoerde gefragt. ob
er im Rheinland-Pfalz in ein Heim ziehe - Niedersachsen haette in
diesem Fall das Blindengeld weitergezahlt. Da die Antwort nein
war, stellte Niedersachsen die Leistung ein. Der betreffende
Blinde rechnete nun damit, dass die Behoerde in Niedersachsen die
zustaendige Stelle in Rheinland-Pfalz informieren und sozusagen
fuer ihn dort einen Antrag stellen wuerde. Diese Erwartung haette er
besser nicht haben sollen. Die Behoerde in Niedersachsen kuemmert
sich naemlich um so etwas nicht. Sie haette allerdings dem Blinden
wenigstens den Hinweis geben koennen: "Stellen Sie in
Rheinland-Pfalz einen neuen Antrag." Dass dies unterblieb, ist
natuerlich aergerlich. Der deswegen zu erhebende Vorwurf reicht
jedoch nicht, um daraus Schadensersatzforderungen gegen das Land
Niedersachsen in Hoehe des entgangenen Blindengeldes herzuleiten.
Also der dringende Rat: Vor jedem Umzug in ein anderes Bundesland
erst fragen, was zum Erhalt des Blindengeldes getan werden muss.

Dasselbe gilt bei einem Umzug ins Ausland. Wer als Blinder oder
Sehbehinderter seinen Lebensabend in Spanien verbringen moechte
oder zu seinen Kindern nach England zieht, sollte sich unbedingt
vorher erkundigen, ob er in diesen Laendern nach dem dort
geltenden Recht Sozialleistungen in Anspruch nehmen kann. Das
zuvor in Deutschland gezahlte Blindengeld wird jedenfalls nach
dem Umzug nicht mehr weitergezahlt oder wie es fachmaennisch
heisst: Die Leistung wird nicht "exportiert". Geregelt ist dies in
der "Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.Juni 1971 zur
Anwendung der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und
selbstaendige sowie deren Familienangehoerige, die in der
Gemeinschaft zu- und abwandern" in der zur Zeit geltenden Fassung
vom 2.6.1983. Die Verordnung gilt "fuer alle Rechtsvorschriften
der sozialen Sicherheit ueber a) Krankheit, ... c) Invaliditaet, d)
Alter... ". Die Pflegeversicherung ist in diesem Katalog nicht
ausdruecklich genannt; sie wird aber nach dem sog.
"Molenaar-Urteil" des EuGH vom 5.3.1998 (C -160/96) dem Bereich
"a) Krankheit" zugeordnet. Zur Zeit wird noch daran gearbeitet,
was im Einzelnen gelten soll, wann also welche Leistung der
Pflegeversicherung exportiert werden muss (vgl. BT-Drucksache
14/144). Die Verordnung gilt ausdruecklich nicht fuer die
Sozialhilfe. Das Blindengeld wird den "Besonderen Leistungen"
zuzuordnen sein. Unter diese Kategorie fallen
"beitragsunabhaengige Geldleistungen", die "ausschliesslich dem
besonderen Schutz der Behinderten gelten". Fuer sie gilt: Die
Berechtigten erhalten diese Leistungen "ausschliesslich im Gebiet
des Mitgliedsstaates, in dem sie wohnen, und nach dessen
Rechtsvorschriften." (Quelle: BR-Drucksache 32/99).

Weitere Fragen zum Blindengeld/zur Blindenhilfe:

Frage: Meine Mutter hat Blindengeld beantragt; sie ist jedoch vor
der Auszahlung des Blindengeldes gestorben. Jetzt wird die
Auszahlung verweigert. Mit Recht?
Antwort: Ja. Der Anspruch auf Blindengeld ist hoechstpersoenlich
und nicht vererblich. Mit dem Tod der Berechtigten ist daher der
Anspruch erloschen. Eine gewisse Ausnahmeregelung gilt lediglich
in Berlin und in Brandenburg; dort kann das noch nicht
ausgezahlte Landespflegegeld (wozu hier auch das Blindengeld
gehoert) an bestimmte Pflegepersonen ausgezahlt werden.

Frage: Fuer mich als Blindenhilfeempfaenger (§ 67 BSHG) gilt die
Vermoegensgrenze von 8000 DM. Beantragt ist die Uebernahme von
Heimkosten. Jetzt spricht das Sozialamt aber von 4500 DM als
Grenze. Ist das richtig?
Antwort: Ja. Die in der Verordnung zu § 88 BSHG geregelten
besonderen Vermoegensgrenzen knuepfen nicht an persoenliche Merkmale
an (Blinder, Blindenhilfeempfaenger), sondern haengen davon ab,
welche Leistung jeweils in Anspruch genommen wird. Folge: Fuer
eine Person koennen bei der Inanspruchmnahme mehrerer Leistungen
(hier: Blindenhilfe und Hilfe in besonderen Lebenslagen)
gleichzeitig nebeneinander verschiedene Vermoegensgrenzen gelten.
Fuer jede Leistung gilt eine eigene Grenze.




Mit freundlichen Gruessen

       (Drerup)