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Re: Mail Client



> Als Neuling beim Internet - wohl gemerkt: bisher konnte ich arbeitsbedingt
> nur Mails senden und empfangen, aber nicht ins Netz - befasse ich mich
> gerade mit dem Thema "Mail Client".
 
Hallo Michael, hallo Liste,

zunaechst einmal zu den Begriffen Client und Server. Nehmen wir an,
wir haetten ein Programm zur Berechnung von Primzahlen. Das Programm
erfragt, bis zu welcher Obergrenze es die Primzahlen berechnen soll,
legt dann los und gibt die Primzahlen auf dem Bildschirm aus. Nun
trennen wir die Ein- und Ausgabe von der Berechnung, so dass wir zwei
Programme haben, die miteinander reden. Das eine Programm kannst Du als
Client bezeichnen, das andere als Server. In der X Window Welt wird das
Ein- und Ausgabe-Programm als Server bezeichnet, das Rechenprogramm
waere dann der Client. Der X-Window-Server ist so universell gehalten,
dass er beliebige Programme oder Clienten bedient, die sich an seine
Regeln halten. Kurz: Client und Server sind einfach zwei Programme, die
zusammenarbeiten, um eine Aufgabe zu loesen.

Naechster Schritt: Wir gehen ins Netz. Zu einem Netz gehoeren mindestens
zwei Rechner. Auf dem einen laeuft unser Server, auf dem anderen unser
Client. In der X Window Welt ist vorgesehen, dass Client und Server auf
verschiedenen Rechnern laufen, die ueber ein Netz verbunden sind. Ich 
kann also die bescheidene Workstation auf meinem Schreibtisch zur Ein-
und Ausgabe benutzen und die langwierige Rechnung auf einer dicken Kiste
im Netz laufen lassen.

Dritter Schritt: Wir verlassen die X Window Welt, bleiben aber im Netz
und schauen uns um, ob es da noch mehr Clients und Server gibt. Es gibt.
Beispielsweise tauschen gerade zwei Rechner Mail ueber das Netz aus.
Auf beiden Rechnern muss je ein Programm laufen, und beide Programme
muessen miteinander reden. Bei der Mail ist es so eingerichtet, dass
dasselbe Programm sowohl senden wie empfangen kann, die Verbindung ist
symmetrisch. Das ist nicht selbstverstaendlich. Wer hier Client und wer
Server ist, laesst sich nicht entscheiden. Fuer die Unix-Freunde: ich rede
von sendmail. Das Protokoll der Mail im Internet heisst Simple Mail
Transfer Protocol oder SMTP, verwirklicht durch sendmail oder andere
Programme. Eine FTP-Verbindung hingegen ist unsymmetrisch.

Vierter Schritt: Das Mail-Programm (sendmail) hat meine Briefe ins Netz
geschickt und auch einige Briefe oder Postkarten fuer mich entgegengenommen.
Das netzseitige Mail-Programm redet nicht mit normalen Benutzern, es
wirft nicht einmal die Briefe in meinen Briefkasten, sondern beauftragt
damit ein lokales Mail-Zustellungs-Programm, fuer Unix-Freunde: /usr/bin/mail.
Mein Briefkasten ist einfach eine Datei. Dort liegen jetzt die fuer mich
bestimmten Briefe. Da ich auf derselben Maschine arbeite, auf der sich auch
mein Briefkasten befindet, brauche ich jetzt nur noch ein Programm zum Lesen
der Mail, fuer Unix-Freunde: elm oder pine. Praktischerweise kann ich das
Leseprogramm auch zum Schreiben verwenden. Fuer mich ist damit die Mail
erledigt. Es duerfte einleuchten, dass mein Rechner Tag und Nacht laufen
muss, um jederzeit Mail empfangen zu koennen. Solche Rechner nennt man
Mailhosts oder Mailserver. Auf meinem Mailhost haben auch noch andere
Leute ihre Briefkaesten oder vielleicht besser gesagt, Postfaecher.

Fuenfter Schritt: Mein Kollege im Zimmer nebenan arbeitet auf einem PC,
der nachts ausgeschaltet ist. Der PC kommt also als Rechner zum Empfangen
der Mail nicht in Frage. Mein Kollege braucht einen Briefkasten auf einem
Mailhost, der staendig laeuft. Bei Bedarf stellt sein PC eine Verbindung
zu einem Mailhost her. Diese Verbindung geht ueber andere Protokolle
und Programme als die Mail im Netz, und zwar ueber das Post Office Protokoll,
kurz POP, und ist verwirklicht in Programmen wie Eudora auf der PC-Seite
und dem POP-Daemon auf dem Mailhost. Eudora wird als POP-Client
bezeichnet, der POP-Daemon und die Maschine, auf der er laeuft, als
POP-Server. Auch POP geht in beide Richtungen, aber die beteiligten
Maschinen haben verschiedene Aufgaben, so dass man hier von Client und
Server reden kann. Der Server bedient viele Clients. Bei der Konfiguration
des POP-Clients koennte man zum Empfangen der Mail einen POP-Server
eintragen, der sich von der Maschine zum Versenden (SMTP-Server)
unterscheidet, aber das ist nur selten sinnvoll. Meist sind POP-Server
und SMTP-Server identisch.

Das war jetzt etwas viel, dabei haben wir gar nicht ueber den Weg der
Mail im Internet gesprochen. Unter Sehenden wuerde ich das Ganze mit
ein paar Bleistiftskizzen veranschaulichen, wenn wir uns gegenueber
saessen, koennte ich mit Baukloetzen spielen, aber ich hoffe, Ihr
versteht es auch so. Gruss,
-- 
Wulf Alex, Universitaet Karlsruhe, Tel. 0721/608 - 2404, Fax 0721/693965
         http://www.ciw.uni-karlsruhe.de/mvm/personen/alex.html
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